Rezension: Das Geheimnis des Dr. Alzheimer

Jorn Precht – Das Geheimnis des Dr. Alzheimer

  • Verlag: Meiner Verlag
  • Seitenzahl: 271
  • Teil einer Reihe?: Nein
  • Inhalt:Der Roman „aus der faszinierenden Welt der Medizin des frühen 20. Jahrhunderts“ beruht auf realen Hintergründen, nämlich dem Aufstieg des Dr. Alois Alzheimers, dem die neuentdeckte Krankheit, bei der das Hirn irreparabel zerstört wird, ihren Namen verdankt. Aus der Sicht des Protagonisten Karl Walz werden verschiedene berühmte Mediziner, bekannte „Irrenanstalten“ und deren Zustände und die Entwicklung der damaligen medizinischen Forschung geschildert. Karl selbst stammt eus einer zerrütteten Familie, Vater Trinker und früh verstorben, nur Schulden hinterlassend, die Mutter alsbald mit einer unheimlichen Krankheit ins Irrenhaus gesteckt. Karl wird also früh mit Geisteskranken konfrontiert, ebenso mit psychischer und physischer Gewalt im Heim, in das er gesteckt wurde. Einziger Lichtblick sind die Wochenenden bei seiner Ziehmutter, zu der er ein inniges und vertrauensvolles Verhältnis entwickelt. Als auch sie in eine Irrenanstalt eingewiesen werden muss, weil sie plötzlich an einer unheimlichen Krankheit leidet, die sie geistig immer mehr verfallen lässt, erwacht in ihm der sehnliche Wunsch Arzt zu werden und Krankheiten, besonders die des Geistes, zu erforschen. Der Leser begleitet Karl auf diesem Weg, der gekennzeichnet ist von Höhen und Tiefen, von Sehnsucht, Liebe und Verrat, von dunklen Familiengeheimnissen und vor allem durch den – gemeinsamen – Kampf seines Mentors Dr. Alzheimer gegen die neue Krankheit, aber auch gegen die eigenen düsteren Kindheitserfahrungen, die unendlich schwer zu besiegen sind.
  • Rezension: Wie die Inhaltsangabe deutlich macht, werden in dem Roman viele Stränge miteinander verknüpft. Karls Lebenslauf, Dr. Alzheimers Privatgeschichte, die Geschichte der ehemaligen Krankenschwester Mina, der späteren Frau von Karl, die Geschichte des Schuhfetischisten Oskar Mäder, das Schicksal des autistischen Freddys, Machtintrigen auf dem „Irrenschloss auf dem Affenfelsen“, die private und Krankengeschichte der ersten Alzheimer Patientin Auguste Deter und Standesdünkel in Frankfurt. Das mutet manchmal etwas gewollt und überfrachtet an, zumal auch immer wieder um Authentizität gerungen wird: Freud mit seinen Traumdeutungen kommt ins Spiel, eine reale Versammlung der süddeutschen Irrenärzte im Hörsaal der psychiatrischen Klinik in Thübingen und die Debatte über „Nützlichkeit für den Volkskörper und lebenswertes Leben“, die damals nicht nur in Frankfurt im vollen Gange war. Diese Vielfalt tut der Hauptgeschichte nicht besonders gut, da Karl –als Protagonist- letztlich etwas künstlich wirkt und nicht ganz glaubwürdig. Außerdem wirken die eingestreuten lateinischen Zitate aus seinem Mund aufgesetzt, ebenso wie die Einstreuungen medizinischer Fachbegriffe, die anschließend erklärt werden. Z.B. Progressive Paralyse, auch Hirnerweichung, Hirnsyphilis oder Neurolues genannt. Oder die Frage an Dr. Alzheimer : Glauben Sie, senile, arteriosklerotische Hirnathropie könnte es auch in früheren Lebensphasen geben? Das alles fällt dem 19 jährigen Hausmeistergehilfen, jetzt Krankenpfleger ohne Schulbildung ein. Und immer ist es Karl, der zur Aufklärung oder Rettung den entscheidenden Hinweis gibt, obwohl gestandene Ärzte anwesend sind! Fazit: kurzweilige Geschichte mit allen Facetten des Lebens, für Leser, die leichte Kost und oberflächliche Zerstreuung wünschen.
  • Bewertung: 
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Über Zorro

Ich heiße Angelika Zörnig, bin Jahrgang 1948 und liebe Bücher und "Mon Cherie". Diese Kombination ist unschlagbar, besonders wenn es sich um Biografien, Familienromane, Psychodramen, Kurzgeschichten, Novellen und Lyrik handelt. Ansonsten gehe ich leidenschaftlich gern ins Theater und ins Kino oder beschäftige mich mit Märchenerzählen. Ich arbeite als Honorarkraft an einer Hamburger Grundschule. In dieser schönsten Stadt der Welt bin ich auch geboren und habe den größten Teil meines Lebens dort verbracht. Die Rezensionen werden von Stephi abgetippt.

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